Eigenverantwortung im Datenschutz

In seinem Jahresbericht 2003 warnt der Eidgenössische Datenschützer Hanspeter Thür vor der fortschreitenden Erosion der Privatsphäre und fordert vom Staat konkrete Massnahmen (vgl. BaZ-Inlandteil von gestern). Auf einer Medienkonferenz appellierte er am Montag zudem an die Bürgerinnen und Bürger, sich selber vor dem «totalen Überwachungsstaat» zu schützen. «Jeder ist zunächst selber verantwortlich für die Definition seiner Privatsphäre», erklärte Thür.

Es ist eine Tatsache, dass wir alle viel zu unbedacht mit unseren privaten Daten umgehen. Wir geben E-Mail-Adressen und Telefonnummern weiter, surfen sorglos im Internet, geniessen die Vorteile von E-Banking und Online-Shopping, ohne dass wir uns vor Augen halten, was mit den gespeicherten Daten geschieht.

Ein Geheimnis des Datenschutzes ist Sensibilität: Wer eine Kundenkarte besitzt, mit dem Handy telefoniert oder an einer virtuellen Umfrage teilnimmt, sollte daran denken, dass er elektronische Spuren hinterlässt, die zu einem Profil zusammengesetzt werden können. Wer beim Einkaufen Bonus-, Spar- oder Cumulus-Karten einsetzt, muss sich bewusst sein, dass er dadurch präzise Angaben zu seinem Konsumverhalten macht. Wer an einem Wettbewerb teilnimmt, veröffentlicht seine Wohn- oder E-Mail-Adresse. Wer bei einem Online-Einkauf seine Kreditkarte benutzt, gibt Nummer und Auslaufdatum preis. Wer per Explorer Internet-Banking praktiziert, läuft Gefahr, dass sich ein «Trojaner-Virus» installiert und Benutzername sowie PIN-Code mitschreibt. Den totalen Schutz gibt es nicht.

Der Staat steht in der verfassungsrechtlichen Pflicht, seine Bürgerinnen und Bürger vor dem Missbrauch persönlicher Daten zu schützen. Allein auf den Staat zu vertrauen, wäre indes blauäugig. Jeder Einzelne ist gefordert, aktiv Gefahrenabwehr zu praktizieren: am Computer, beim Einkaufen, während des Arztbesuchs oder im Umgang mit den Behörden. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung beinhaltet auch eine datenschützerische Eigenverantwortung.

7.7.2004