Mittwoch, März 31, 2010

Das Sammeltaxi

In arabischen Länder kann man sich mit Privatautos, mit Taxis, mit Sammeltaxis, mit Velos oder auf Tieren (Esel, Pferd, Kamel) fortbewegen. In Scharm El Sheikh ist das nicht nicht anders.

Wir bevorzugen für unsere Ausflüge in die neue oder alte Stadt das Sammeltaxi. Die Fahrt nach Naama Bay oder auf den Old Market wird jedesmal zu einem Abenteuer.
Man stellt sich an den Strassenrand, mit Vorzug zu einer Gruppe bereits wartender Menschen. Wenn sich ein blauer Kleinbus nähert, hebt man die Hand. Bevor man einsteigt, gilt es über den Fahrpreis u verhandeln. Entweder spricht man auf der Fahrerseite mit dem Chauffeur oder man diskutiert auf der Seite der Schiebetür mit dem Kassierer. Dort sitzt nämlich der Assistent, der auf der Fahrt durchs offene Fenster das Ziel verkündet und den auf der Strasse wartenden signalisiert, ob es noch freie Plätze gibt.

Vom Hotelplan-Reiseleiter wussten wir, dass eine Fahrt mit dem Sammeltaxi rund 4 Pfund und eine Fahrt mit einem regulären Taxi 70 Pfund kostet. Diese Preisdifferenz ist so gross, dass wir immer nur Sammeltaxi fahren. Auch weil es unterhaltender ist. Natürlich gibt es Fahrer, die versuchen Touristen über den Tisch zu ziehen, indem sie 50 oder 30 Pfund verlangen. Da steigt man einfach nicht ein, sondern wartet auf das nächste Fahrzeug. Auch in Sharm spielt der Markt, d.h. die Konkurrenz. Auch in Scharm gibt es Anbieter, die zu einem niedrigeren Preis leisten. Stets haben wir 5 Pfund pro Person für eine Fahrt bezahlt und stets haben wir einen Fahrer gefunden, der mit diesem Entgeld zufrieden war.

Ausserordentlich spannend ist es, die Mitfahrer, in der Regel unterschiedlich ausdüstende junge Männer, zu beobachten. Die einen riechen nach Schweiss, die anderen sind frisch geduscht und haben ein feines Aftershave aufgetragen. Die meisten kommen von der Arbeit, von einer Baustelle, einem Hotel oder vom Strand. Viele fahren in ihre Wohnungen oder Unterkünfte. Und die meisten sprechen – wenn überhaupt – nur sehr gebrochen Englisch. Ob sie es auch verstehen, konnten wir nicht schlüssig feststellen. Aber fast alle drücken auf einem alten Handy herum (vorzugsweise Marke Samsung), hören auf der Fahrt arabische Musik oder rauchen Zigaretten….. Begrüssen tun sie sich gegenseitig mit der Kurzform „Salam“. Zweimal fuhren Frauen mit. Verhüllt und in Begleitung eines Mannes. Einmal waren statt 12 (wie erlaubt ) 18 Passagiere an Bord. Kein Problem. Man rückte zusammen und sass quer. Das Ziel wurde erreicht, einen Unfall gab es (zum Glück) nicht und wir kamen immer wieder verstaubt aber zufrieden in unserem Hotel an.

Dass wir von Unfällen verschont blieben, verwundert immer wieder sehr. Auf den Strassen herrschen Tag und Nacht chaotische Zustände. Autos und Busse wechseln ohne Richtungsanzeige die Spur. Fussgänger rennen über die Fahrbahn. Es wird munter drauflosgehubt. Unser Sammeltaxi hat einmal sogar das mit Blaulicht fahrenden Ambulanzfahrzeug rechts überholt. Heureka. Den Vogel aber schoss unser Jeep-Fahrer ab, der uns nach einem Ausflug ins Hotel zurückbrachte. Nachdem er einige Minuten hinter einem Bus herfahren musste, wählte er im Kreisel kurzerhand die Linkseinfahrt und schnitt dem von rechts kommenden Auto den Vortritt ab. Bislang wussten wir nicht, dass man in Ägypten Kreisel auch links herum fahren darf. Heureka. In der Schweiz wäre dieses Verhalten nicht zur Nachahmung empfohlen.

Immerhin. Im Sammeltaxi haben wir gelernt, weshalb man in Ägypten stets einen Personalausweis oder einen Pass auf sich tragen sollte. Besonders Nachts ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass man in eine Militär-Strassenkontrolle gerät. Da will der schwarz uniformierte Beamte dann alle Ausweise sehen. Weniger die Papier von Touristen als vielmehr Foto-IDs der Einheimischen. 16.3.2010

Dienstag, März 30, 2010

Die Kinderverkäuferin

Unglaublich, wie jung die Verkäuferinnen und Verkäufer von ägyptischen Souvenirs sind. Wir treffen am „Blue hole“ ein und sind noch nicht aus dem Jeep ausgestiegen, da scharen sich die Kinder bereits um unser Auto. Unter ihnen ein etwa 10jähriges Mädchen, eingehüllt in ein blaues Kopftuch.
Von Karies zerfressen blitzen ihre Zähne aus dem sich öffnenden Mund: „Only one pound. You have to buy one“, sagt die Kleine in verständlichem Englisch. Aus einem Beduinentuch gucken mehrere kunstvoll geflochtene Hand- oder Fussbändeli hervor. Orange, grün, blau oder rot sind die Stoff-Schmuckstücke.

Wir haben im Moment anderes im Sinn. Instruktionen zum Tauchgang warten auf uns. Die Gruppe soll Neopren-Anzüge und Schnorchel, Brillen sowie Flossen mieten. Wir haben unsere Eigenen mitgebracht.
„Do you have a daughter. Please buy one“. Die Kleine mit dem blauen Kopftuch lässt nicht locker. Wir flüchten ins stinkende Kamel-Restaurant, zu dem das Beduinen-Kind offensichtlich keine Zutrittserlaubnis hat, denn sie bleibt erstarrt vor dem Eingang stehen. Gequält und halb betäubt vom Kamel-Piss-Gestank nehmen wir das erfrischende Cola sowie den Juice dankbar zu uns. Da das kostenpflichtige Klo (2 Pfund) links um die Ecke liegt, müssen wir das Lokal wieder verlassen.

„Can you buy one“, jammert die Kleine. „I need money for school“. Genervt greife ich den Rucksack und übergebe ihr einen der mitgebrachten, rot-weissen swissinfo-Kugelschreiber. „This is for your school“, erkläre ich der Kinderverkäuferin. „Can I have one for my brother and one for my cousin. They have to go to school as well”, doppelt sie nach. Und schon habe ich einen ganzen Schwarm von Kindern um mich. Alle strecken sie mir die Hände entgegen und betteln Kugelschreiber. Zum Glück habe ich eine Handvoll davon eingepackt. Stolz über das kleine Geschenk, probieren sie den Kuli gleich auf ihrer Handfläche aus.

Vom Klo zurückgekehrt, warten wir vor dem Ausgang auf den Rest der Gruppe. Und schon steht die Kleine mit dem blauen Kopftuch wieder da. „Please buy one of these“, drängelt sie und zeigt auf den Mund. „I am hungry. I need money. We are poor people.“ Sie legt mir ein Armbändeli ums Handgelenk und zurrt die Enden fest. So, so. Jetzt hat sie mich erwischt. Von allein kriege ich das Ding nicht mehr los. Mit der zweiten Hand lange ich in den Hosensack und hole eine ägyptische Pfundmünze hervor. Diese überreiche ich ihr für das aufgezwungene Souvenir. „Do you have a daughter. I know she would like one“, meint die Kleine selbstbewusst.. Und schon steht wieder eine ganze Schar von Kinderverkäuferinnen um uns herum und ruft: „Me too. Me too, buy one from me also.“

Der Tauchgang im „Blue hole“ rettet uns vor weiteren Käufen. Mit Maske und Schnorchel vor dem Gesicht treiben wir durch die Korallen und bewundern die farbigen Fische. Als wir vom Riff-Ausflug zurückkehren, steht die blau Betuchte schon wieder vor dem Restaurant. „You need another one. My brother and my sister are hungry too“, meint sie selbstbewusst. Mit den letzten Kugelschreibern kaufen wir uns frei und ziehen von dannen. Nun wissen wir, dass in Ägypten bereits 10-Jährige ihren Beitrag an das Familieneinkommen zu leisten haben. 15.3.2010

Montag, März 29, 2010

Der Fremdenführer

Said ist ein intelligenter Touristenführer. Die Sinai-Halbinsel sei anderhalbmal so gross wie die Schweiz, Kairo die drittgrösste Stadt der Welt, ein Beduin ein Wüstenbewohner, dessen Leben von der ägyptischen Regierung unterstützt werde, erzählt uns der 29jährige in lupenreinem Deutsch, fast ohne Akzent. Seit einigen Jahren versuche man, die Beduinen sesshaft zu machen. In jedem noch so kleinen Dorf werde eine Schule unterhalten, ein Brunnen gegraben. Ausserdem müssten auf Ausflügen in die Wüste Beduinen-Führer beschäftigt und bezahlt werden. Nein, diese im Bus mitzunehmen, sei den Tour-Büros nicht vorgeschrieben. Aber entschädigen müsse man sie.

Wir sind auf dem Weg zu einem Schnorchel-Abenteuer im „Blue hole“. In der Kamel-Kneipe stinkt es fürchterlich nach Kamel-Piss, weshalb wir die angefangene Cola-Flasche stehen lassen und das Lokal fluchtartig in Richtung Beach verlassen. Nach dem Tauchgang werden wir auf wartende Kamel gesetzt und über sechs Kilometer dem Strand entlang gehetzt. In der sengenden Hitze und im Staub kein sonderliches Vergnügen. Aber wir erreichen ein weiteres Nomadendorf, in dem wir eine weitere Eigenheit des Wüstenvolks kennenlernen: das Verkaufen von kleinen Souvenirs.

Said ist ein konservativer Touristenführer. Auf der Fahrt durch das ausgetrocknete Wadi erzählt er uns von Harems und der islamischen Tradition der Mehrfachehe. Jeder Mohamedaner dürfe mit bis zu vier Frauen gleichzeitig verheiratet sein. Unter der Voraussetzung, dass die Ehefrauen auch damit einverstanden seien. Leicht irritiert von unserer Reaktion nennt Said zwei Gründe für den Jahrhunderte alte Brauch: Angesichts des Frauenüberhangs sei es notwendig, dass Frauen für den nötigen Nachwuchs sorgen. Nach dem zweiten Weltkrieg sei dies in Deutschland auch der Fall gewesen (Anmerkung ps: Nur hat man 1945 im Nachriegsdeutschland die Mehrfachehe nicht eingeführt). Und ausserdem, so fährt Said fort, sei ein Mann für jede Frau Beschützer und Versicherung zugleich. Im Koran stehe, dass ein Mann auch mehrere Frauen gleichzeitig betreuen und ernähren müsse…….

Der gedankliche Sprung zur Jungfräulichkeit ist beim dem heiklen Thema nicht mehr weit. Vorehelicher Sex, so Said, sei vom Koran verboten und junge Ägypterinnen gehalten, erst mit dem Mann ihres Lebens, also mit dem Ehemann, ins Bett zu steigen…. Für Männer gelte diese Regel nicht. Auf Nachfragen gibt der Fremdenführer zu, dass der Koran und die Praxis zuweilen weit auseinanderdriften. Denn auch junge Ägypterinnen spürten im 21. Jahrhundert ihre Hormone. So komme es halt vor, dass eine junge Frau in der Hochzeitsnacht bereits entjungfert sei. Dies könne auch beim Velofahren passieren, was dann halt mit dem Bräutigam besprochen werden müsse.
Von den Omas erhalte man dann den Tipp, vor dem ersten Beischlaf mit dem Ehemann eine mit Blut gefüllte Mini-Schweinsblase in die Vagina einzuführen. Letztere platze dann unter dem Druck des Eindringlings, worauf der blutige Beweis für die Entjungferung dann erbracht sei. Neuerdings bieten ägyptische Apotheken laut Tagesanzeiger-Magazin sogar künstliche Jungfernhäutchen an. Eine von einem Ring gespannte PVC-Folie, die vor dem ersten ehelichen Beischlaf in der Vagina montiert wird, und die dann vom Bräutigam durchstossen werden darf. Kostenpunkt: zwischen 200 und 400 Franken……. Das Befolgen des Korans hat auch in Ägypten seinen Preis.

Said ist ein gebildeter Mensch. Zwar nicht weitgereist, denn in Europa war er noch nie. Aber über die politischen Hauptthemen der Schweiz dieser Tage hat er in den Medien gehört und gelesen. Dass die Minarett-Initiative vom Volk angenommen wurde, sei für ihn keine Überraschung gewesen, meint er: schliesslich sei die Schweiz ein christliches Land und da könne ja müsse man doch verstehen , wenn die Bewohner den Bau nicht-christlicher Symbole, also Minarette, wenig schätzten. Und überhaupt: Die Ausübung des Islams sei nicht an Minarette gebunden. In Ägypten gebe es viele Moscheen ohne Minarette.

Natürlich hat Said seine Vorstellungen von der Schweiz: diese sei berühmt für ihre Banken, Uhren und den Käse. Schokolade identifiziert er nicht speziell mit der Alpenrepublik. Den gebe es auch anderswo. Aber die Schweizer Frauen seien in Ägypten willkommen. Auffallend viele Vertreterinnen des zarten Geschlechts reisten regelmässig in die ägyptischen Touristen-Hochburgen, um sich dort von braungebrannten, charmanten und potenten Einheimischen verwöhnen zu lassen.

Ob sie denn für heute oder morgen Abend schon Pläne hätten, will Said von den beiden Zürcherinnen Tanja und Susi wissen. Falls nicht, würde er ihnen gerne den Old Market in Scharm el Sheikh und einige angrenzende Lokale zeigen. Natürlich völlig unverbindlich und ohne Honorar, sondern in seiner Freizeit, fügt er spitzbübisch bei. Die beiden jungen Frauen lehnen dankend ab und blicken sich fragen an. Said ist ein konservativer Fremdenführer. Aber nur, wenn es um das Image des Islam und Ägyptens geht.

Freitag, März 26, 2010

Die Russen

Iwan und Sascha stehen am Beckenrand. Genüsslich blicken sie in den Pool, wo zwei Schönheiten ihre Runden drehen. Noch genüsslicher lassen sie ihren Blick über die anliegenden Pritschen schweifen. „Die dort drüben mit dem blauen Tanga würde ich jetzt gerne ein bisschen verwöhnen“, flüstert Iwan seinem Kollegen zu. Ihre grossen Tattoos glänzen in der Sonne. Die noch weissen Rücken bilden einen wirksamen Kontrast zu den Spinnen und Buchstaben.

Ein Schriftzug auf ihren Badehosen verrät die Nationalität. Die zwei kahlgeschorenen Russen, beides Angehörige der Moskauer Sicherheitsbehörde, sind mit ihren jungen Frauen und Kleinkindern nach Scharm el Sheikh gekommen, um sich im ägyptischen Badeort zu erholen. Sonne, Sand und Meer, das gibt es zu Hause im März nicht zu kaufen. Zwei Jahre lang haben sie für diesen Ausflug an den Golf von Akaba gespart. Jetzt ist der Traum von Wärme, Bier und Fleischeslust im Hotel Regency Plaza Tatsache geworden.

Wie Fliegen stürzen sich die Touristen in das Restaurant Florett, wo Oberkellner Samir und seine Kollegen ausgesprochen Mühe zeigen, die Horde hungriger und bierdurstiger Russen zu platzieren. Iwan und Sascha lassen sich ebenso wenig einen Tisch zuweisen, wie andere Landsleute. Ungestüm stürzen sie in die rechte Saalhälfte, wo sie noch freie Tische vermuten. Samir verwirft angesichts der fehlenden Kinderstube seine Hände, lässt sie aber sogleich wieder sinken. Zu wichtig sind ihm die Gäste aus dem kalten Norden fürs Geschäft.

Am Buffet dasselbe Bild. Russen, Polen und Italiener kämpfen sich vor die Töpfe und nutzen die Ellbogen, wenn es grad mal nicht vorwärts geht. Da wir geschaufelt, gehamstert, geschöpft und verschwendete, was das Zeug hält. Soviel kann eine Person gar nicht essen, wie da auf die Teller geladen wird. Besonders gierig geben sich die Gäste am Dessertbuffet. Kuchen, Patisserie, Schokolade und Früchte liegen gestapelt auf den Tellern, die an die Tische zurückgetragen werden. Einen beträchtlichen Teil der zu Türmen gehäuften Speisen bleiben dann allerdings liegen und müssen von den Kellern abgeräumt und entsorgt werden. Was für eine Verschwendung.

„Zuviele Russen“, meint Samir, der Oberkellner leise und macht die Faust im Sack. Dieses Volk hat einfach keine Manieren. Seit etwas acht Jahren kommen sie nach Ägypten und führen sich auf wie Besetzter. Mag sein, dass die frühere „Bruderhilfe“ in Erinnerung ist. Nun wollen sich die Gäste alles zurückkaufen, denn sie glauben, dass der Kapitalismus so funktioniert . Wer Geld hat, ist König und bestimmt die Regeln des Spiels.
Mohammed, der Pool-Boy, bläst ins selbe Horn. „Sie glauben, sie können sich aller erlauben“, meint er konsterniert. „Früher bedienten wir mehrheitlich Deutsche, Franzosen und Schweizer. Heute haben die Russen und Polen die Oberhand“. Man spürt einen latenten Abwehrreflex gegen die die neuen Imperialisten. Coiffeur Mechmed sieht es genau so: „Die Inflation an russischen Touristen ist nicht gut für Ägypten“, meint der in Alexandria geborene Friseur. Abends seien sie meistens betrunken. Und nicht selten würden die Einheimischen Zeugen, wie die Gäste ihre Frau schlagen.

An der Promenade von Naama-Bay, des neuen Stadtteils von Sharm el Sheikh, wimmelt es nur so von Osteuropäern. Lauthals wird gehandelt. Die Geschäft laufen in der Regel auf Russisch ab. Schnell haben die Händler gelernt. Badetücher, lederne Taschen, Jacken und Gürtel wechseln den Besitzer. In den Kaffees und Steak-Restaurants sitzen blonde Bleichgesichter und lassen sich von den ägyptischen Jungkellnern den Alkohol auftragen. Im Vergleich zu den Russen benehmen sich die ebenfalls präsenten Italiener geradezu still und bescheiden. Die Igors, Wladimirs und Petrowitschs dagegen protzen und prahlen, was das Zeug hält.

Am Pool des Hotels Regency lassen sich Iwan und Sacha von ihren Ehefrauen die Rücken einschmieren. Das erste Bier haben sie bereits konsumiert. Die Kellner, die nicht schnell genug auftragen können, werden verfolgt. Die von der Sonne gerötete Haut braucht Schutz und Feuchtigkeit. Murrend nehmen die beiden Moskowiter ihre Kleinkinder unter den Arm und machen sich auf Richtung Spielplatz. Ihre Gattinnen äusserten den Wunsch, an der Wasser-Gymnastik teilzunehmen. Auf dem Weg zum Sandkasten schnappen sich die beiden an der Pool-Bar einen Drink. „Schau dort die hübsche Rothaarige mit dem blau-gelben Bikini, die würde mir jetzt zusagen,“ meint Sascha zu seinem Kollegen. Nein, Kinderhüten ist nicht ihre Sache, da sind sich die beiden Russen einig. Bier, Frauen und gross Angeben dagegen schon.

Donnerstag, März 25, 2010

Die Seelentüren (SF-Interview mit dem Pflegeteam Wittigkofen)

Sternstunde Religion vom 07.03.2010Eine der drängenden und viel diskutierten Fragen bei allen Pflegesituationen ist die Autonomie des Pflegebedürftigen. Dass sie ein hohes Gut ist, ist unbestritten. Wo aber ist sie allem anderen voranzustellen und wo darf oder muss der Wille eines schwerkranken Menschen umgangen werden? Was heisst überhaupt Autonomie? Irene Gysel spricht mit der Psychologin Annemarie Stadelmann, mit der Pflegefachfrau Brigitte Raemy und dem leitenden Arzt des Pflegezentrums Peter Weibel.

Mittwoch, März 24, 2010

Der Basarverkäufer

In den vergangenen zwei Wochen habe ich in Sharm El Sheikh Ferien gemacht und meine Erlebnisse in Kolumnen beschrieben, welche in den nächsten Tagen hier in lockerer Folge erscheinen werden.

Im Old Market von Sharm El Sheikh biegen wir in eine Seitengasse ein. Ein Geruchsgemisch von Gewürzen, Kaffee und Parfum schlägt uns entgegen. „Cheep price, discount, only for you“ rufen die Händler. Die Angebote interessieren uns nicht, denn die feinen Hemden sind gepostet, die kleinen Andenken auch.

Unerwartet erhalte ich ein anderes Angebot. „Your wife is beautiful. You are a lucky man. How many camels do you want for her“, fragt einer der jungen Männer. Was soll ich da antworten? “Of course I am a lucky man.”

Plötzlich steht ein Basar-Verkäufer vor uns und zeigt auf seinen Laden. „Come in“ lädt er uns ein und fragt wie die anderen: „Where are you from?“. Als wir standardmässig „from Switzerland“ murmeln, geht ein Leuchten über ein Gesicht. „You have to see this. A friend from Switzerland has sent me this“ meint er und zieht aus einer Schublade eine DVD der PRS Präsenz Schweiz hervor, hergestellt von der Webfactory. “What is on that CD?” fragt er gespannt. Geduldig erkläre ich ihm den Inhalt, der mir bestens vertraut ist. Informationen über Bräuche, Land und Leute Da sagt er voller Freude. „You are my friends. I want to make Beduine of you.”

Mit geschickten Händen bindet er uns Wüstentücher um den Kopf, einmal das Gesicht eingehüllt, einmal offen. Mit unserer Kamera schiesst er das Erinnerungsbild und beginnt zu erzählen. „My name is Milad Yussef. During Summer I live in Sizilia. Here in Sharm it is too hot in summer. My family has emigrated to Italy. But in winter, spring and fall I come back to run the business of my father”. Das Geschäft gehört offensichtlich seiner Familie, und während den kühlen Monaten betreibt er es auch gleich selber.

Als Dank für die Fotoszene schenke ich ihm einen swissinfo-Kugelschreiber. Er zeigt spontan Freude und schenkt uns Buchzeichen mit altägyptischen Symbolen. Auf die Rückseite schreibt er unsere Namen in Arabisch. Dann wird noch über ein lila Tuch verhandelt. Ein Spiel gehört zum Kauf dazu. Der Händler beginnt mit einem übersetzten Angebot. Der Käufer untertreibt sein Gegenangebot. In der Regel trifft man sich ungefähr in der Mitte.Win-win würde man in der Geschäftswelt sagen: Der Händler hat ein Geschäft gemacht und etwas verdient. Der Käufer / Tourist hat das Gefühl, ihm sei ein Schnäppchen gelungen, auch wenn er die Ware vermutlich immer noch überbezahlt hat.

Mit einem Handschlag lässt uns Milad Yussef ziehen. Wir sind uns einig: Das waren unterhaltende Minuten, ohne Bedrängnis, aber mit viel Lachen und Völkerverbindung. Und Kamele kann ich in der Schweiz gar keine gebrauchen. Ich ziehe es vor, ein „lucky man“ zu sein.

Donnerstag, März 04, 2010

Publikumsrat: swissinfo ist unverzichtbar

Der Publikumsrat swissinfo spricht sich entschieden dagegen aus, die Bundesgelder an swissinfo zu streichen, wie es das Konsolidierungs-programm des Bundesrates vorsieht. Jetzt, da die Schweiz immer wieder internationaler Kritik ausgesetzt ist, sei es um so wichtiger, dass es eine mehrsprachige Plattform gebe, um die Schweiz mit ihren Eigenheiten zu erklären. Gerade bei der Berichterstattung über die Minarett-Initiative habe swissinfo.ch solide informiert und Hintergründe verdeutlicht, befand der Publikumsrat bei der Analyse der Abstimmungsdossiers. Das Gremium ermunterte die Redaktionen, künftig noch mehr als Frühwarner aufzutreten, zu analysieren und Orientierung zu geben.

Sparen wäre kontraproduktiv

Der Publikumsrat diskutierte über das Konsolidierungsprogramm 2011-13 des Bundesrats und den darin enthaltenen Vorschlag, die Bundesmittel an swissinfo zu streichen. Er sprach sich entschieden gegen diesen Sparvorschlag aus. An swissinfo.ch zu sparen, wäre gerade jetzt kontraproduktiv, analysierte der Publikumsrat. In einer Zeit, in der die Schweiz immer wieder in der internationalen Kritik steht, sei der Auftrag, den swissinfo.ch erfülle, sogar von höherer Bedeutung denn je. swissinfo.ch leiste hervorragende Arbeit und die Plattform biete einen unersetzlichen Rahmen, um die Schweiz mit ihren Eigenheiten einem internationalen Publikum in neun Sprachen zu erklären.

Abstimmungsdossiers zur Minarett-Initiative

swissinfo.ch publiziert regelmässig 6-8 Wochen vor Eidgenössischen Abstimmungen umfassende Dossiers in den Landessprachen Deutsch, Französisch und Italienisch zu den bevorstehenden Abstimmungsvorlagen, sowie in den übrigen Sprachen erläuternde Artikel und Hintergrundinformationen. Dies erlaubt es den in einem Stimmregister eingetragenen Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer, sich über die Vorlagen zu informieren und ihre demokratischen Rechte wahrzunehmen. Die Minarett-Initiative löste in Europa und der arabischen Welt grosses Interesse aus, so dass das English Department und die arabische Redaktion noch ausführlicher als sonst über die direkte Demokratie der Schweiz, über die Hintergründe, Fakten, Meinungen und Resultate der Volksabstimmung ebenfalls in Form eines Dossiers berichteten.

Breiter Überblick, vielfältig dargestellt

Der Publikumsrat analysierte das Dossier in den Landessprachen sowie in Englisch.
Er kommt in seiner Analyse zum Schluss, dass es sich bei den Dossiers um soliden Informationsjournalismus handelt. swissinfo.ch habe seit dem Start der Unterschriftensammlung regelmässig über die Volksinitiative berichtet. Die Dossiers bieten einen guten Überblick: Die Positionen der verschiedenen Akteure wie Bundesrat, Initianten, Staatsrechtler wurden dargelegt, die Diskussionen in der Schweiz wurden verglichen mit der Situation in Ländern wie Dänemark, Österreich oder den Niederlanden. Gelobt wurde, wie die Beiträge mit Bildergalerien, Grafiken, Videos, Audioslideshows oder Audios angereichert waren. Die zahlreichen Links erlaubten auf einfache Weise, sich auf anderen Website vertiefter mit einem gewissen Aspekt auseinanderzusetzen.

Der Publikumsrat vermisste das Votum eines Vertreters einer muslimischen Gemeinschaft, die ein Minarett bauen möchte. Die Nutzer von swissinfo.ch könnten sich noch besser orientieren, wenn zum Beispiel die Haltungen der diversen Akteure in einer prominent plazierten Grafik ersichtlich werden. Der Publikumsrat erachtete es als wünschenswert, wenn swissinfo.ch noch mehr auf die Analyse gesetzt hätte. Hilfreich wäre gewesen, vertiefter auf die rechtlichen, wirtschaftlichen und politischen Folgen einer Annahme der Initiative sowie die Verfassungsmässigkeit einzugehen. Die Fixierung auf das Minarettverbot verschleiere etwas den Blick auf das übergeordnete Problem, das Verhältnis zwischen der schweizerischen Gesellschaft und den Muslimen. Und es sei nicht klar genug geworden, dass das Minarettverbot weder bedeute, dass keine Moscheen mehr gebaut werden dürfen noch dass die Glaubensausübung in muslimischen Gebetsräumen beeinträchtigt sei.

Laut Statut von swissinfo stellt der Publikumsrat einen engen Kontakt zwischen den Programmverantwortlichen und dem Publikum sicher. Er berät die Verantwortlichen von swissinfo in allen Fragen des Programms und unterstützt sie durch Feststellungen, Vorschläge und Anregungen. Ausserdem beurteilt der Publikumsrat regelmässig die Entwicklung, Ausgestaltung und den Erfolg des Auslandauftrages.

Mittwoch, März 03, 2010

Berner Bärenbabys zeigen Mut und wagen sich ins Freie

8889daa5-8201-494a-a261-c9da40b44a28Am Wochenende schoss ein Besucher die ersten Fotos der Berner Jungbären. 20 Minuten veröffentlichte die Bilder als Leserfotos. Seither liegen Fotografen und Kameraleute auf der Lauer. Heute nun gelangen die ersten TV-Aufnahmen der drolligen Pelzer. Das Schweizer Fernsehen widmete ihnen einen Beitrag in der Tagesschau. Herrlich zu sehen, wie Mutter Björk mit Wachem Auge über das Schicksal ihrer Kinder wacht und wie wackelig die kleinen noch auf den Beinen sind. Nun dürfte der neue Berner Bärenpark definitiv zu einem Besuchermagnet werden, Finns Angriff auf einen Eindringlich ist definitiv vergessen.

Surprise - Streetmagazin sold in Bern



Switzerland’s leading street magazine, Surprise, is helping over 300 people with reduced chances on the job market to regain self confidence and earn their own living. In many cases selling in the streets also proves to be an effective way to integrate. (Michele Andina, swissinfo.ch)

Montag, März 01, 2010

Berner Bärenbabys drängen an die frische Luft

Die Berner Jungbären Urs und Berna spüren den Frühling: In den letzten drei Tagen haben sie dreimal kurz ihre Geburtshöhle im Bärenpark verlassen und draussen frische Luft geschnuppert.

Die Besucher des Bärenparks verhielten sich bisher respektvoll. Den ersten kurzen Ausflug ins Freie machten die im Dezember geborenen Tiere am Samstagnachmittag, wie der Berner Tierpark Dählhölzli am Montag mitteilte. Auch am Sonntag gegen Abend und am Montagmorgen waren Urs und Berna kurz draussen zu sehen, ergänzte Bärenwärter Walter Bosshard.

«Ganz sicher» habe der Ausflug mit den seit ein paar Tagen wärmeren Temperaturen zu tun, führte Bosshard auf Anfrage weiter aus. Ein respektvolles Benehmen der Besucherinnen und Besucher des Parks ist nötig, weil es im Extremfall vorkommen kann, dass stark belästigte oder sich angegriffen fühlende Bären ihre eigenen Jungen fressen.

Seit bekannt ist, dass die beiden erwachsenen Bären Björk und Finn Nachwuchs bekommen haben, hat sich der Besucheraufmarsch laut Bosshard deutlich erhöht. Auf weitere Spaziergänge darf man gespannt sein. (Quelle: 20 Minuten / Leserfoto Markus Hulliger)