Sonntag, Januar 21, 2007

Wahlkampf auf amerikanisch

Mit einem gigantischen Polit-Spektakel haben die US-Demokraten vergangene Woche John F. Kerry zu ihrem Präsidentschaftskandidaten gekürt. Die heisse Wahlkampfphase, die mit der Nomination begonnen hat, wird mit dem Parteikonvent der Republikaner Ende August in New York einen weiteren Höhepunkt erreichen. Am 2. November tritt das Tandem Kerry/Edwards gegen die Amtsinhaber Bush/Cheney an.

Wahlkampf auf Amerikanisch - das ist uns Schweizerinnen und Schweizern fremd. Wer schon mal einen helvetischen Nominierungsparteitag besucht hat, kennt die trockene Ambiance, in der Kandidatinnen und Kandidaten für politische Ämter erkoren werden. Ein Händedruck, vielleicht ein Blumenstrauss, wenns hoch kommt ein verlegenes Küsschen auf die Backe. Explodierende Emotionen haben hier keinen Platz.

Wie vollkommen anders die Kandidaten-Kür jenseits des Atlantiks verläuft, konnten wir am Bildschirm miterleben. Die Inszenierungen sind spektakulär, laut, farbig, unterhaltend. Sie leben von Überraschungen und Pointen. Neben Tiefschürfendem wird viel Unsinn geredet, von Akteuren und von Gästen. Wer im US-Politalltag Rang und Namen hat, tritt auf, unterstützt, lobt, greift an und inszeniert vor allem auch sich selbst. Die Ehefrauen der Kandidaten werden ebenso in die Show miteingebaut wie die Kinder samt ihrem Anhang.

Härter als in der Schweiz wirkt auch der Ton, die Rhetorik des politischen Schlagabtausches: «Spin-Doctors» der Wahlkampfteams zielen unter die Gürtellinie. In demokratischen Zirkeln ist primitives «Bush-Bashing» zum Zeitvertreib geworden. Auf der Gegenseite nehmen führende Konservative kein Blatt vor den Mund, wenn sie John Kerry beschreiben. Gigantisch sind in den USA auch die finanziellen Mittel, die vorab für die teure TV-Werbung ausgegeben werden. Bush und Kerry werden bis November je rund 200 Millionen Dollar in ihren Wahlkampf stecken.

US-Wahlkampfverhältnisse sind in der Schweiz unerwünscht und undenkbar. Anders als das amerikanische ist das Schweizer Politsystem zu föderalistisch, zu wenig aufs Fernsehen ausgerichtet, zu sehr auf Parteiprogramme und Plattformen fixiert. Aber staunen dürfen wir über das Mega-Duell zwischen Bush und Kerry trotzdem.

baz vom 4.8.2004

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