Sonntag, April 04, 2010

Karies

Beim Besuch zweier Oasen, der Abu Gallum Oase und der Fairan-Oase, haben wir erfahren, dass die Beduinen nur ganz selten unter den uns bekannten Zivilisationskrankheiten wie Diabetes, Krebs oder Bluthochdruck leiden. Sie leben mit der Natur und versorgen sich medizinisch mit über Jahrhunderte bewährten Rezepturen aus der Botanik. Sie bauen Kräuter und Wurzeln aller Art an, welche ise auch verkaufen. Salben, Tinkturen und Öle ergänzen das homöpatische Angebot.
Eine Zivilisationskrankheit haben wir dennoch beobachtet: Die Zahnpflege der Beduinen lässt grausam zu wünschen übrig. Bereits bei kleinen Kindern wird die Zahnhygiene grob vernachlässigt, was dazu führt, dass aus den strahlend braunen Mündern hässlich, braun angefressene, von Karies behaftete Zahnstummel gucken. Ein Zahnbürste oder eine Zahnpasta habe diese Menschen mit Sicherheit noch nie gesehen.

In der eher ärmlichen Abu Gallum-Oase waren es vor allem die Kinder, welche uns mit Rotz, Fliegen, verfilztem Haar und verfaulten Zähnen auffielen. Sie belagterten uns, bettelten um Essen oder Geld und versuchten uns, Zeichnungen, Handarbeiten oder ähnliches zu verkaufen. In der eher wohlhabenden Feiran-Oase begrüsste uns der Hausherr persönlich, mit einer Zigarette in der Hand, das weisse Kopftuch kunstvoll über das Haupt geschwungen. Doch auch aus seinem Mund, oh Schreck, oh Graus, leuchtete kein Pepsodent-Lächeln, sondern ein hässlich brauner Gartenzaun mit verfaulten Zähnen.

Die Zähne der Kinder machten keinen besseren Eindruck. Ihre Fröhlichkeit lenkte indes von der mangelnden Hygiene ab. Mit dem älteten Sohn, Ali, war sogar ein kurzes Gespräch möglich. Auf Englisch erklärte er uns, dass er 15 sei, sechs Geschwister habe, gerne in die Schule gehe und in seiner Freizeit am liebsten Töff fahren würde…. Brummm-brummm.

Mit einem High-5 besiegelten wir unsere kurze Freundschaft und zum Abschied schenkten wir ihm und seinem Geschwistern die Frühstücks-Lunch-Boxes aus den verschiedenen Hotels. Was für ein Festessen. Den Gesichtern der umstehenden Kindern sah man an, dass sie das Geschenk mit grosser Freude verzehren würden. Zu Kariesbekämpfung taugten die Brötchen, Kuchen, Konfis und sonstigen Süssigkeiten allerdings nicht. Und Zähne wurden auf der Feiran-Oase auch nach diesem Festschmaus mit Sicherheit nicht geputzt.
P.S. Irgendwie verfolgte mich der Beduinen-Karies bis in den Schlaf. So träumte ich in der folgenden Nacht, ich sei als fliegender Zahnarzt mit einem Klinik-Mobil in die Oase gefahren und habe die gesamte Sippe gratis behandelt. Leider bliebs beim Traum. 18.3.2010

Keine Kommentare: