Dienstag, Juni 05, 2007

Knechtentruhe aus dem Aargau


Die Knechtentruhe stammt aus dem 19. Jahrhundert. Sie wurde 1890 von einem Schreiner in der Aargauer Gemeinde Birr in Handarbeit gemacht. Der Knecht Johannes Wild kaufte sie für 5 Franken und transportierte darin sein Hab und Gut von Hof zu Hof. Leutwyler zog 1890 nach Lupfig wo er für den Bauern Karl Wüst arbeitet.

1916 verstarb der Knecht kinderlos. Der Sohn des Bauern nahm die Truhe in seinen Besitz und nutzte sie in seinem Zimmer als Ablagegefäss. 1923 heirate Karl Wüst Martha Leutwyler, ebenfalls von Lupfig. Nach drei Jahren überliess Martha den Koffer ihrer ledigen Schwester Lydia, die nach Bern umzog, um bei einer jüdischen Familie zu dienen.

An der Monbijoustrasse in Bern stand die Truhe 45 Jahre lang in einer Mansarde. 1971 zog Lydia Leutwyler, die ihr Leben lang ledig geblieben war, in eine eigene Wohnung und nahm die Truhe mit. 1975 verstarb die Ex-Aargauerin und vererbte das Objekt an ihre Nichte, Rosmarie Schibli-Wüst.

Meine Mutter, eine talentierte Bauernmalerin, bemalte die Truhe neu und schenkte sie mir 1980 zum Abschluss des Studiums.

In meinem Besitz zog die Holzkiste um und zwar 1984 nach Baden (AG), 1986 nach Riehen (BS), 1989 nach Bonn (Deutschland), 1995 nach Washington (USA), 2000 zurück in die Schweiz, nach Muttenz, und 2007 von Muttenz nach Bern, wo sie heute in meiner Wohnung steht und Behältnis für Foto und Computerzubehör dient.

Im Laufe ihrer langen Reise hat die Truhe ihre Funktion mehrfach geändert. Wenn Knecht Johannes Wild wüsste, was aus seinem "thing" geworden ist, würde er wohl staunen. Wie hoch der Wert der Truhe ist, weiss ich nicht. Im Laufe der Jahre musste sie gegen Holzwurm behandelt und mehrfach geflickt werden, da im Holz Risse entstanden.

Sie ist ein schönes Erbstück und historischer Zeugnis eines einfachen Menschen, der vor über hundert Jahren lebte.

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