Mittwoch, August 25, 2010

Das Volk zum Narren gehalten

Das Ziel, Aufmerksamkeit zu erregen, haben die Initianten der angeblichen Volksinitiative zur Wiedereinführung des Todesstrafe in kürzerster Zeit erreicht. Das Thema warf seit Bekanntwerden Ende letzter Woche nicht nur in der Schweiz und in Europa hohe Wellen - es beschäftigte die internationale Presse von den USA über die Arabischen Emirate bis nach Angola. Die Wiener Zeitung «Der Standard» schrieb am Mittwoch: Wenn die Initiative für zulässig erklärt würde, stünde die Schweiz «mehr als in der Minarett-Debatte am Pranger».

Zuvor hatten Vertreterinnen und Vertreter aus allen Parteien das Vorhaben kommentiert, teils hektisch, teils mit Unverständnis. Völkerrechtler, Staatsrechtler, Ethiker und andere Experten zeigten sich entrüstet und zeigten Wege auf, wie die Volksinitiative für ungültig erklärt werden könnte.

Mit dem Rückzug des angeblichen Volksbegehrens hat sich die ganze Aufregung als Sturm im Wasserglas erwiesen. Und nun? Ausser Spesen nichts gewesen? War das Ziel, Aufmerksamkeit zu erregen, den Aufwand und Schaden wert?

Ich meine nicht. Die Initianten haben auf fahrlässige Weise ein Volksrecht missbraucht und das Volk, die Parteien und die Medien zum Narren gehalten.

Einzelne Medien sind an der Aufregung mitschuldig. In ihrem Kampf um mediale Aufmerksamkeit sind vor allem Online-Portale überstürzt sowie ohne zu recherchieren auf die "Ente" aufgesprungen und haben die Entrüstung geschürt. Der Wettbewerb unter den Medien treibt immer seltsamere Blüten: An Stelle von Korrektheit, Angemessenheit, Objektivität, Besonnenheit und Wahrheit treten kommerzielle Interessen, die Jagd nach Primeuren und Sensationen, Aufbauschung und Sensationalisierung. Statt zu hinterfragen, zu recherchieren und zu gewichten, wird immer häufiger abgeschrieben und das Rad der medialen Entrüstung weitergedreht.

Es ginge auch anders:

Nachdenken bevor man schreibt, wäre auch heute nicht verboten. Ein bisschen mehr Gelassenheit und Angemessenheit stünde einigen Schweizer Medienschaffenden nicht schlecht an.

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